Versuch eines Lebenslaufs:
Ich weiß, es gibt Leser, die auf solch Informationen Wert legen. Aber außer der üblichen Worte, ist hier nichts zu sagen. Ich bin unwichtig. Wichtig ist nur die Geschichte von Anthony. Die aber liegt wie ein Gespinst zwischen den Sternen, auch ohne mich. Ich bin es nur, der sie erzählen darf.
Nichtsdestotrotz, weil es ja keinen Blog mehr gibt, habe ich am Ende der Seite das Interview angehängt, das einst (als ich noch nicht reich und berühmt war ;-) ), die bezaubernde Kata mit mir führte. (Deren Blog es nun leider auch nicht mehr gibt.) Und auch wenn die Serie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zu Ende geschrieben war (wenngleich ich um das Ende schon immer wusste), sagt es eigentlich alles. Vieleicht gerade darum.
Von Interesse vielleicht nur noch:
Wieso hört man erst heute von mir?
Nun, vielleicht liegt es daran, dass man mir einst eine Geschichte über den guten Michail Bulgakow zutrug, Sohn des Afanasij Iwanowitsch Bulgakow und seiner Frau Warwara Michajlowna (geborene Pokrowskaja), der fast die ganze Zeit seines Lebens für die Schublade schrieb. (Das Meiste wurde erst lange nach seinem Tode publiziert.) Und ist es nicht besonders ehrenhaft ebensolch ein Künstler zu sein, einer, der nicht täglich den Ruhm aus langen Gläsern trinkt? Einer, der nicht seine gierigen Finger über das Bündel Banknoten zu schlingen sucht. So zumindest es die Welt sieht. Und wollte ich vielleicht gerade darum nur noch viel ehrenhafter sein als ebenjener, der ab 1930 nicht mehr veröffentlich wurde und sich somit bis zu seinem Tode, 10 Jahre dannach, in erzwungener Weltabgewandheit befand. Wollte ich für mich diese Frist vielleicht noch ein gutes Stück mehr in die Länge ziehen, nur damit man später dereinst vielleicht ein ganzes Universum nach mir benennt und nicht nur einen einzigen kleinen Astroiden, wie es ihm geschah. Astroid 3469 Bulgakow.
Wer weiß?
All das ist möglich, auch wenn es unwahrscheinlich klingt. Und die einzige Gemeinsamkeit, die ich mit jenem Unglücklichen habe, vielleicht doch nur der ständig erhöhte Blutdruck ist. Aber die Wahrheit selbst, so glaubt mir liebe Leut, sie ist noch viel unglaublicher als all das. Damit lasse ich es besser bewendet sein und knete darum an schönen Tagen ebendiese Wahrheit in ein kleines Stück Brot ein, welches ich dann den Enten zuwerfe. Jenen, die auf meinen beiden Teichen mit ihrem bunten Gefieder der Welt zeigen, dass es mich noch gibt.
< -- Der Autor tanzt in den Frühling.
--> Der Autor sinniert.
Kata: Heute möchte ich euch wieder einmal einen tollen Autor vorstellen. Es handelt sich um Francis Linz, der mit seiner „Anthony-Reihe“ mindestens den Nobelpreis verdient hat.
Hallo Francis, ich freue mich sehr, dich heute zum Interview begrüßen zu dürfen. Würdest du dich bitte einmal unseren Lesern vorstellen?
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Hallo Kata, auch ich freue mich auf Dich und Deine Fragen. Bin allerdings ein wenig aufgeregt. So viele Menschen, die mich betrachten. Fast ein wenig so wie in der Schule bei einem Referat. Als die Worte nur stolpernd über meine Lippen die Freiheit fanden. Zum Glück fällt es mir leichter, sie zu schreiben. Womit wir beim Thema sind, denn das tue ich nun schon ein paar Jahre. Schreiben. Zuerst nur für die Schublade. Was sehr enttäuschend war, aber zurecht geschah. War mein erster Roman ja nur ein einziges großes Machwerk. (Gott sei es gedankt, so lang zurück in der Zeit, dass ich mich dafür inzwischen nur noch fremdschämen muss.) Dann aber wurde es besser. Gilt doch die alte Weisheit: Nur mit dem Schreiben kommt das Schreiben. Was aber nicht heißt, dass diese Werke zu großen Erfolgen wurden. Zu speziell, wenngleich eines für lange Zeit, 2 Jahre, bei einem Verlag festlag, letztendlich aber doch nicht angenommen wurde.
Außerdem, sagen wir wie es ist: Ich bin ein lausiger Geschäftsmann. Mich interessiert das Schreiben und nicht, wie holt man möglichst viel raus. Oder ehrlicher: Ich bin zu doof dazu, denn ein wenig mehr dürfte es schon sein. Habe zudem dann zumeist bereits wieder ein neues Projekt im Kopf, das meine ganze Aufmerksamkeit fordert.
Was zurzeit mein Anthony ist. Er und seine Freunde. Eine Geschichte, die zwischen den Sternen liegt und die ich Glückspilz zuerst gefunden habe. Noch nie habe ich etwas lieber geschrieben. Das andere war ja immer mit einem schielenden Blick auf den Nobelpreis für Literatur, (den alle Schriftsteller irgendwann einmal haben, die einen am Anfang ihrer Karriere, die anderen am Schluss), und das ist anstrengend. Anthony aber schreibt das Herz. Und vielleicht bin deswegen endlich auf dem Weg auch ein guter Schreiberling zu werden. Wer weiß?
So, ich hoffe, ich habe damit mehr gesagt, als wenn ich denn darüber berichtet hätte: Was sind Deine Hobbys? Das ist übrigens die Musik.
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Du musst gar nicht aufgeregt sein, wir sind doch unter uns! Wie bist du überhaupt zum Schreiben gekommen?
Waren da einfach Ideen in deinem Kopf, die dringend aufgeschrieben werden wollten? Oder hast du einfach überlegt „Ich werde jetzt Autor, der Rest kommt dann“?
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Lange Geschichte. Ich habe als Kind viel gelesen. Alle Karl May, auch die Geschichten aus dem Silberwald, oder so ähnlich, alle Agatha Christie, etc. Auch das, was man unter Weltliteratur versteht: Tolstoi, Dostojewski und all die anderen bärtigen Gesellen. Und natürlich Jack London, den ich auch heute noch für einen der besten Erzähler halte. Wenn man das Schreiben lernen will, dann bei ihm oder Elias Canetti. Manchmal jeden Tag ein Buch. Und so war klar, dass ich das auch irgendwann werden will: Schriftsteller. War ich ja der Meinung, mir dadurch alles an Bildung angeeignet zu haben, was man dafür braucht. Was natürlich unsinnig ist, genauso wie dafür Germanistik zu studieren. Aber ich war ja noch ein Kind. Das ich allerdings sehr lange blieb. Viel länger als andere. Will sagen, bis ich so um die dreißig war und endlich aus dem Blödsinn gelernt habe, den ich bis dahin so angestellt habe. Überraschend musste ich nämlich feststellen: auch ich bin sterblich. Zugegeben, eine späte Erkenntnis, aber immerhin. Ein Bukowski bekam sie nie. Natürlich waren die ersten Versuche ein Verbrechen an der Sprache, aber ich glaube, das erwähnte ich bereits. (Und sich zu wiederholen, das ist das Schlimmste, was der Autor seinem Publikum antuen darf.) Aber ich habe durchgehalten. Und das ist das Wichtigste, egal, was man macht. Kurzum, ich mache das, was ich schon immer machen wollte und so lange nicht gemacht habe, weil so viele falsche Götter mich in dunkle Wege lockten. Und was die Idee betrifft, natürlich muss man einen Plot für ein Buch haben, mir aber hilft es, das Ende zu kennen. Mehr brauche ich oft nicht. Der Rest ergibt sich. Einfach durchhalten. (Ach, da wiederhole ich mich ja schon wieder.)
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Das muss für Schriftsteller wirklich furchtbar sein, wenn die Götter ihnen nicht wohlgesonnen sind und sie aus purer Boshaftigkeit in die Irre führen.
Zum Glück hast du das ja noch rechtzeitig erkannt und bist auf dem richtigen Weg. Hast du oft an dir selbst und deinem Talent gezweifelt und auch ans Aufgeben gedacht?
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Wenn die Götter in die Irre führen, ist das für niemanden gut. Auch nicht für die, die noch nicht darum wissen und fröhlich ihr Liedchen pfeifen. Was die Götter aber nicht aus Boshaftigkeit heraus tun. Sie reichen uns den Apfel mit dem Wurm und sind nur interessiert daran, ob wir hineinbeißen. Ganz wissenschaftlich. Viel zu weit sind sie entfernt, als dass sie uns ernsthaft Arges wünschen. Auch wenn sie manch einen angeblich lieben.
Damit wären wir beim Talent, das sie diesen Glücklichen obendrauf schenken. Wenn meines wirklich so groß wäre, dann hätte ich wohl nicht so lange gebraucht, ganz gute Bücher zu schreiben. Was ich inzwischen tue. Das aber war harte Arbeit. Denn nur durch das Schreiben kommt das Schreiben. (Ich wiederhole mich schon wieder, aber diese Plattitüde ist leider so unendlich wahr und darf deswegen mehrfach gebraucht werden. Auch von einem guten Schriftsteller.) Dass ich mich inzwischen als einen solchen sehe, schließt aber nicht aus, ob ich jemals am Zweifeln war. Ungezählt die Stunden. Schon deswegen, würde ich es nicht tun, würden mich die Götter ja noch immer in die Irre führen. Und auch heute noch graut es mir davor, eines meiner vorangegangenen Bücher in die Hand zu nehmen und einen Fehler darin zu entdecken. (Sofort werden alle mit dem Finger auf mich zeigen und mich auslachen.) Was bei Anthony zwangsläufig der Fall ist. Muss ich ja nach dem Abschluss eines neuen Bandes, die alten darauf untersuchen, ob ich mich nicht einer Wiederholung schuldig gemacht habe. Außerdem sollte jemand, der im Verlauf des ersten Aktes den Arm verloren hat, im dritten nicht plötzlich von seinem Stuhl aufspringen und frenetisch klatschen. (Ein Spruch von Broms, der zu gut ist, und den ich schon deswegen klauen musste, auch wenn er ihn in einem etwas anderem Zusammenhang benützt.)
Aufgeben ist allerdings keine Alternative. Wenn ich was anfange, dann ziehe ich es durch. Zudem bleibt mir auch nicht viel anderes übrig. (Das zu erklären, würde jetzt aber sicher zu weit führen.) Wenngleich das Durchhalten besonders bei Anthony schwerfällt. Sechs Bände nur für die Schublade, das untergräbt gerne schnell mal die Moral. Und ich muss verdammt aufpassen, dass ich mein persönliches Empfinden nicht in die Sätze einfließen lasse. Und wenn es nur unterbewusst ist. Denn es ist ja seine Geschichte und nicht die meine.
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Du hast ihn ja bereits mehrmals genannt. Kommen wir auf Anthony zu sprechen: Wie bist du zu seiner Geschichte gekommen? Wie habt ihreuch das erste Mal getroffen?
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Eine wirklich gute Frage. Mit einer leider ganz banalen Antwort: Ich weiß es nicht. Vielleicht genügt es zu sagen: Auf einmal war er da. Und seitdem erzählt er. Die ersten Jahre nur so, ohne dass ich ihm so richtig zugehört habe, bis er dann eines Tages plötzlich zu mir sagte: „Francis, hör auf rumzualbern, ich will, dass Du meine Geschichte niederschreibst.“ Also mache ich das seitdem. Auch wenn ich ihn darauf hingewiesen habe, dass meine Art zu schreiben vielleicht nicht die beste für ihn ist. Er aber hat gesagt: „Das werden wir schon sehen. Ich vertraue Dir. Außerdem ist die Geschichte so gut, dass niemand das Recht hat, sie zu überhören.“ Und in der Tat, weil ich ja schon das Ende kenne, das ist sie.
Mit meiner Art zu schreiben, meine ich, ich weiß, dass ich kein Kinderbuchautor bin. Und fälschlicherweise wird ja so oft angenommen, dass es sich bei Anthony um ein Kinderbuch handelt. Was es aber genauso wenig ist wie der kleine Prinz. (Nicht, dass ich mir die gleiche Qualität anmaße, nur zum Verständnis. Das eine lebt durch seine Kürze, das andere hoffentlich trotz seiner Länge.) Und somit sind oft die enttäuscht, die statt einfacher Worte die meinen lesen. Und ich wünsche Anthony doch das größtmögliche Publikum. Nicht nur, weil ich ein wirtschaftliches Interesse daran knüpfe. (Was hoffentlich schon dadurch bewiesen ist, dass ich gerade am fünften Band schreibe, ohne dass mein Name bis jetzt auf irgendeiner Bestsellerliste Erwähnung fand.) Nein, sondern weil es so ist, wie er es sagt, und tatsächlich niemand das Recht hat, seine Geschichte zu überhören.
Natürlich könnte ich die Sätze niederbrechen, immer wieder, bis sie nur noch bequeme Bissen sind. So zumindest hat es ein anderer Autor bei einer meiner wenigen Lesungen zu mir gesagt. Er könne das, also ich auch. Ich müsse mir nur Mühe geben. Dann würde ich auch mehr verkaufen. Wobei er mir einen nachsichtigen Blick schenkte. Aber wäre das dann noch ich? Wäre das noch die Geschichte von Anthony? Denn auch wenn ich unwichtig bin, so bin ich eben doch der, den er zum Erzähler bestimmt hat.
Manchmal bin ich schon ein rechter Glückspilz. Aber auch das sagte ich schon bereits.
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Ich glaube, dass viele davon ausgehen, es handele sich um ein Kinderbuch, liegt wohl vor allem daran, dass ein Kind bzw. Kinder die Hauptrolle in der Geschichte spielen.
Möchtest du dein Buch und Anthonys Geschichte vorstellen? Was erwartet den Leser?
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Das ist eine schwere Frage. Bin ich ja befangen. In vielerlei Hinsicht. Und wenn es nur ist, weil ich das Ende kenne. Aber was ich in jedem Fall sagen kann, Anthony ist spannend. Man weiß nie, was im nächsten Kapitel kommt. Und das trifft es für jeden Band. Schon deswegen, weil keiner wie der andere ist.
Wozu ich sagen muss, dass das meine Bedingungen waren. Denn natürlich kann ein Schriftsteller wie ich, dessen Fantasie nie ausgereicht hätte, eine Geschichte wie diese zu schreiben, froh sein, jemanden wie Anthony zu treffen, der ebendiese Geschichte sein Leben nennt, aber ein wenig Raum muss auch für mich sein. Zum Glück hat Anthony das verstanden. Ich wollte keine Reihe schreiben, in der die Bände austauschbar sind. Da bin ich etwas eitel. Das machen so viele andere, da muss ich nicht dazugehören. Wirtschaftlich dumm gedacht, aber dass ich ein lausiger Geschäftsmann bin, sagte ich ja bereits
Das ist die eine Sicht. Doch die Geschichte von Anthony ist natürlich wesentlich facettenreicher. Sie ist nicht nur so spannend, dass man das Buch oft nicht aus den Händen legen kann, sie hat auch Seele. (Wie es mir als Schriftsteller gelungen ist, diese hineinzupacken, ist mir ein Rätsel. Was aber nicht wundert, kein Künstler weiß das. Das ist etwas, das geschieht oder eben nicht. Und ist somit vielleicht doch das, was man Talent nennt und in keinem Kurs lernen kann. Also nichts, worauf ich stolz bin, weil ich es mir angeeignet habe, wie zum Beispiel eine halbwegs vernünftige Zeichensetzung, sondern etwas, worüber ich einfach nur dankbar bin. Vielleicht liegt es aber auch in diesem Fall nur daran, weil Anthony und seine Freunde, trotz ihrer kleinen Fehler, einfach liebenswert sind.)
Oder um es anders auszudrücken, Anthony ist eine Reihe, die man immer wieder lesen kann. Hat sie doch, obwohl in ihren einzelnen Teilen so verschieden strukturiert, immer einen besonderen Ton, der mitschwingt. Und somit ist es irgendwie wie mit den Bildern von Edward Hopper, jedes anders, doch immer nur ihm zuzuordnen. Oder auch Dali, Lichtenstein, etc. (Was wieder nur unbeholfener Versuch eines Vergleichs ist. Aber der Tatsache geschuldet, dass ich gerne Bücher mit Bildern vergleiche. Denn warum ist der eine Krimi gut und wieso betrachtet man ein Bild im Museum ganz besonders lang? Es ist die Botschaft hinter der Botschaft.)
Kurzum: Wer ein spannendes Buch mit einem wirklich guten Plot sucht, ein Buch das schon durch den Schreibstil etwas anders ist, der ist bei Anthony gut aufgehoben. Wenngleich es natürlich völlig klar ist, dass es immer auch ein wenig ein Kinderbuch ist. Oder besser: Ein Erwachsenenbuch in der Verkleidung eines Kinderbuches. Denn erst wer die Botschaft hinter der Botschaft fühlt, der wird damit so richtig glücklich.
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Ich kann dir wirklich nur zustimmen: Das Buch hat eine ganz eigene Seele und es sticht sehr aus der Masse heraus. Es ist einfach völlig anders. Du sagtest, du seist dankbar,
dass das Buch eine Seele habe, es aber womöglich nur daran liege, dass Anthony und seine Freunde Fehler haben. Aber machen denn Fehler nicht gerade alle Lebewesen aus?
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Danke für das Lob! Nein, das ist ein Missverständnis. Wobei der Fehler wohl auf meiner Seite liegt. Ich wollte das mit der Seele nur etwas relativieren, nicht dass es heißt: Schaut ihn an, den Künstler, fühlt sich wie Gott, nimmt ein Stück Lehm in die Hand und atmet ihm Leben ein. Auch wenn es in meinem Fall ein Blatt Papier ist. Wie die Seele in die Bände kommt, ich weiß es nicht. Wollte damit nur sagen, dass das weniger mit mir zu tun hat, sondern eher damit, dass die Mitwirkenden alle leben. (Und in der Tat das tun sie, ich kann dir nicht sagen, was ich für Mühe habe, sie im fünften Band wieder einzufangen, und nur hoffen kann, dass mich Glomp dabei ein wenig unterstützt.) Und damit hast du völlig recht. Nur Wesen, die Fehler haben, tun das. Und darum auch sind uns die Götter so fern. Zum Glück!
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Als du begonnen hast, Anthony richtig zuzuhören und seine Geschichte aufzuschreiben: Wie bist du dabei vorgegangen?
Hat Anthony zunächst alles erzählt und du schriebst es nach und nach nieder?
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Um Himmels Gottes Willen, Nein! Anthonys Gedächtnis ist noch gut, ich aber bin ein alter Mann. 6 Bände, das könnte ich nie behalten. Es ist so, am Anfang eines Bandes muss er mir erst einmal den Schluss erzählen. Nicht, weil ich so neugierig bin, sondern weil ich sonst wahnsinnig werden würde. Denn Anthony, so gut er erzählt, verliert sich oft in tausend Nebenwegen. Und nur wenn ich den Schluss schon weiß, kann ich ihn ein wenig lenken.
Wobei sich der Vorwurf aber in Grenzen hält, bin ja nicht der Autor, der mit einer großen Pinnwand arbeitet, mit Karteikarten und tausend Pfeilen. (Deswegen auch Fantasy, da muss man nicht in Bibliotheken rennen, Leute befragen, recherchieren.) Ich schreibe gern einfach drauflos. Wohl auch deshalb ergänzen wir uns so gut.
Du musst Dir das so vorstellen, wenn Anthony erzählt, ist es wie ein Film, der in meinem Kopf abläuft, den ich dann eigentlich nur für alle anderen niederschreiben muss. Ein Film, von dem ich, wie schon gesagt, zumeist aber nur den Schluss kenne. Was für mich die Sache glücklicherweise dann aber fast genauso spannend macht wie für den Leser. Und somit bin ich oft selber überrascht, was zwei Seiten später geschieht. Denn das hätte ich nie so gedacht, gar geplant. Aber Anthony und seine Freunde sind nun einmal, wie Du weißt, auch wenn es sich zum großen Teil um Roboter handelt, Wesen mit einem eigenen Kopf. Die lassen sich nur ungern in ein Korsett stecken.
Natürlich habe ich manch Ahnung, oder Anthony hat die ein oder andere Anekdote schon einmal erzählt, (manchmal ist er ein kleiner Naseweis und verplappert sich), aber im Großen und Ganzen läuft es so ab. Wobei es mir nur immer ein bisschen leid für die Leser tut, leidet die Geschichte ja durch den Umstand, dass ich sie, allein durch die Begrenzung meines Wortschatzes, nicht zu 100% wiedergeben kann. Aber ich bemühe mich.
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Ich finde es wirklich interessant zu erfahren, wie unterschiedlich Geschichten entstehen. Ganz ehrlich jetzt:
Fügst du auch einfach selbst mal etwas in die Geschichte ein, was Anthony so nie erzählt hat oder änderst Dinge ab? Wenn ja: Was sagt Anthony dazu, wenn er es bemerkt?
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Nein. Schon aus dem Grund, weil ich nicht weiß, was wichtig ist. Das Ende zu kennen, sagt ja nichts aus über den Weg. Das Einzige, was ich mache, ist, dass ich Anthony frage, ob das, was er mir gerade erzählt, wirklich relevant für die Geschichte ist. Und auch das mache ich inzwischen eher selten, weil ich trotz meiner Zweifel bis jetzt immer eines Besseren belehrt wurde. Warum ist Kanozplian oder die Steinmenschen so wichtig? (Zweiter und dritter Band.) Jetzt weiß ich es, aber als der Film lief war auch ich erst einmal überrascht. Nicht unangenehm, denn das ist ja das schöne an Anthonys Geschichte, man weiß nie, was im nächsten Kapitel steht, dennoch mit einem kleinen Fragezeichen im Gesicht. Was aber wiederum ein gutes Buch ausmacht, meiner Meinung nach. Es stellt immer mehr Fragen, als dass es Antworten gibt. Und solche Bücher versuche ich zu schreiben. Bücher, die man schon deshalb noch einmal liest. Denn sind alle Antworten gegeben, denkt man nicht mehr nach. Wieso auch? Der Mörder ist gefasst, der Krimi ist tot. Natürlich heißt das nicht, dass ich nicht versuche, dem Buch eine gewisse Struktur zu geben. Ab und zu ein Kapitel verrücke und die richtigen Wörter suche, etc., halt all das mache, was ein Schriftsteller tun muss. Das ist mein Job. Manchmal auch etwas mehr Spannung einbauen oder einen Cliffhanger an der richtigen Stelle kreieren. Das aber ist es schon. Sonst verlasse ich mich inzwischen voll und ganz auf Anthony. Was wohl mit einem großartigen Erlebnis zu tun hat, das wir beide miteinander hatten. Denn da das Ende ziemlich komplex ist, war mir oft so, als ob das nicht aufgehen kann. Und das drei Jahre lang. Was mich, ehrlich gesagt, fast wahnsinnig gemacht hat. Und so habe ich selbst nachgedacht und verschiedene Lösungen entworfen, die aber alle letztendlich irgendeinen Haken hatten. Wobei, zu allem Überdruss, Anthony mir auch nicht geholfen hat, sondern vielmehr nur immer sagte: „Vertraue mir, so wie ich dir vertraue.“ Was mir schwerfiel. Und große Zweifel befielen mich. Doch was soll ich sagen, er hatte Recht. Denn eines Nachts, so um drei Uhr, bin ich aufgewacht, (wie es bei einem alten Mann wie mir inzwischen üblich ist, und was somit noch nicht dramatisch ist), und lag dann erst mal so eine Weile da und habe nachgedacht. Über dies und über das. Kein Bisschen über Anthony und seine Geschichte. Nur über die Banalitäten meines unbedeutenden Seins. Doch plötzlich, ohne sich anzukündigen, da saß er auf meiner Brust und sprach: „Es steht alles schon geschrieben. Du hast das Buch nur nicht richtig gelesen.“ Und so ist. Die Lösung lag immer schon parat. Auch weil das Problem nie ein Problem war. Das Seil am Boden sah aus wie ein riesiger Knoten, bis Anthony beide Enden in Hand nahm und sie einfach auseinanderzog. Und von einer Sekunde auf die andere passte alles. Und das Komische daran ist, dass ich nicht einmal aufgeregt war, sondern nur gesagt habe: „Ach ja, damit geht alles auf. Hoffentlich habe ich es morgen in der Frühe nicht vergessen“, mich umgedreht habe und sofort wieder eingeschlafen bin. Und erst am nächsten Tag mich von einem Glücksgefühl nach dem anderen habe berieseln lassen. Insofern, es macht keinen Sinn, wenn ich mich einmische. Ich schaue den Film und erfreue mich an den Bildern. Seit dieser Nacht ist eine unglaubliche Ruhe in mir. Es wird schon alles gut gehen.
—
Darf ich fragen, was für ein großartiges Erlebnis ihr hattet?
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Oh, Verzeihung, dann habe ich das nicht richtig rübergebracht. Dass er plötzlich auf meiner Brust saß und mich darauf verwiesen hat, dass alles schon geschrieben steht. Und zwar so plötzlich, dass es plötzlicher nicht geht. Und das sage ich, obwohl ich weiß, dass dieses Wort nicht zu steigern ist. Alle Sorgen waren weg. Ein dunkles Zimmer wurde hell. Nicht wie der Morgen graut, sondern wie mit einem Lichtschalter. Und ich musste auch nicht blinzeln, alles war klar zu erkennen. Solche Momente gibt es nur wenige im Leben. Ich kenne keinen zweiten.
—
So ein Erlebnis kann man sich wirklich nur wünschen! Das ist wirklich großartig! Und wie ging bzw. geht es dir dabei, eine Geschichte aufzuschreiben, die nicht die deine ist?
Fieberst du mit? Schlägst du entsetzt die Hände über den Kopf zusammen? Bist du aufgeregt? Als Leserin habe ich jedenfalls all diese Dinge getan.
—
Ja, das tue ich! Wie schon gesagt, bin ich momentan richtig entsetzt und kann nur hoffen, dass Glomp mir hilft, wieder ein wenig mehr Moral in den Haufen zu bekommen. Sie sind ja inzwischen keine Kinder mehr und sollten wissen, dass nicht immer der bequeme Weg der richtige ist. Allerdings hat Anthony schon so seine Andeutungen gemacht, dass das bereits passiert ist. Und zwar viel effektiver, als ich mir das hätte ausdenken können. Was mich beruhigt und weiterschreiben lässt. Ansonsten würde ich mich viel zu sehr aufregen. Ehrlich gesagt, ich habe sogar einmal geweint. (Natürlich nur so viel wie ein echter Indianer auch geweint hätte.) Als ich den ersten Band verbessert haben und Sims im Keller von Herrn Halsban die seltsamen Zeichen in den Staub malt. Wohingegen ich immer wieder lachen muss, wenn Anthony und Mathilda zum ersten Mal ernsthaft streiten. (Dritter Band.) Es ist einfach so nett.
Und somit: Dank für diese Frage, liebe Kata. Denn in der Tat bin auch ich nur ein Leser der Geschichte. Was aber wohl nur die seltsam finden, die daran glauben, dass der Autor immer Herr über das Geschehen ist. Die nicht wissen, dass all die, die zwischen den Zeilen leben, so wirklich sind wie wir. Denn die Geschichte von Anthony, die gibt es auch ohne mich. Ist doch all das wirklich so geschehen und ich nur der Glückliche, der es zuerst sehen durfte und nun erzählen darf.
—
Das ist wirklich ein toller Zufall. Kommen wir auf Anthonys Freunde zu sprechen, die wären Sims, Ramshin, Broms, Glomp und Mathilda und, nicht zu vergessen, der Baum!
Durftest du sie auch schon persönlich kennenlernen?
—
Nein, leider nicht. Bis nach Robotanien ist es ein weiter Weg. Zu viel für meine Füße. Aber Anthony hat mir einmal den hellen Punkt am Himmel gezeigt, wo es liegt. (Fast könnte man meinen, es wäre ein Stern, aber es ist das Licht einer ganzen Galaxis.) Allerdings musste ich sofort schwören, es niemanden zu verraten, wegen der Schergen des Imperators. Und auch darum hält er das Zuhause von Mathilda geheim. Sogar vor mir. Was ich verstehen kann. Niemand möchte, dass ihn die Grauen Wachen am Genick packen. Wenn der letzte Band geschrieben ist, dann soll ich aber alle kennenlernen. Ach, ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich schon jetzt darauf freue!
—
Das klingt toll und sollte dich auf jeden Fall zum Weiterschreiben motivieren!
Der Baum spielt für Anthony ja eine ganz besondere Rolle, auch wenn es für diejenigen, die das Buch noch nicht kennen, unglaublich klingen mag. Magst du das etwas näher erklären?
—
Ach, das glaube ich nicht. Wer weiß, dass die Wesen zwischen den Zeilen so wirklich sind wie wir, der weiß auch, dass man mit Bäumen Freundschaft pflegen kann. Und mehr noch als das, dass sie manchmal sogar mit einem sprechen. Man muss nur die richtigen Bäume suchen. Nicht alle machen das. Wobei Anthony natürlich besonders großes Glück hat, sein Baum ist ihm noch dazu ein großer Halt in dieser Welt. Ihm kann er nämlich alles erzählen und er hört ihm immer zu. Was für Anthony sehr wichtig ist, da sein Verhältnis zu seinen Eltern, besonders zu seiner Mutter, ja als sehr schwierig zu bezeichnen ist. (Das Warum klärt sich im zweiten Band.) Wenn ich ehrlich bin, manchmal bin ich sogar ein bisschen eifersüchtig. Nicht wirklich, weiß ich doch, dass jeder Mensch das Anrecht auf mehrere Freunde hat. Und je mehr, desto besser, solange es wahre Freunde sind. Aber ab und zu macht es einen kleinen Stich in meinem Herzen, wenn Anthony von ihm erzählt und man spürt, wie sehr er diesen Baum liebt.
—
Ich denke, dass auch du Anthony ein wahrer Freund bist! Immerhin vertraut er dir seine Geschichte an.
Wenn du die Geschichte von Anthony hörst, schreibst und liest: Würdest du gerne ein Roboter sein?
—
Gute Frage, gleich auf mehreren Ebenen. Ein Roboter zu sein auf Robotanien? Schwer zu beantworten. Ich bin ein alter Mann, das wäre wohl viel zu aufregend für mich. Die ständige Angst vor den Grauen Wachen und der endgültigen Abschaltung, es würde mich schon vorher umbringen. Vielleicht nur, wenn ich im Besitz der goldenen Hand wäre und mich zu verteidigen wüsste.
Das wiederum: Wieder jung sein zu dürfen und wie Anthony auf dem Weg, mich irgendwann vielleicht auch ein großer Zauberer nennen zu dürfen, wäre ein Argument. Ich glaube, ich würde sogar die Mühsal des langen Studiums auf mich nehmen. Wobei ich natürlich einschränkend sagen muss, dass ich noch nie besonders mutig war. Und meine Bewunderung für das, was er und seine Freunde leisten, somit sehr groß ist. Dazu wäre ich nicht in der Lage.
Allerdings gibt es da ja dann auch noch die viele anderen Arten von Robotern auf Robotanien, deren Schicksal mich weniger lockt. Denn nur wenige sind ja aus der Reihe: X3-Z04 und somit so menschgleich, dass sie oft viel menschlicher sind als die Menschen selbst. Da lautet meine Antwort definitiv: Nein.
Und auch auf der Erde nicht. Was aber eher damit zu tun hat, dass ich hier generell niemand anderer sein möchte als ich selbst. Nicht, weil mein Leben das schönste ist, das die Götter mit einem langen Stab in den Ufersand gemalt haben, nur darauf wartend, dass die Wellen der Zeit es wieder löschen und auch alle Erinnerung daran, sondern weil es ganz einfach das meine ist. Ich habe gelernt es anzunehmen und auch meine Aufgabe darin. Außerdem gibt es da ja auch noch manch Bild in meinem Kopf, das ich einfach nicht missen möchte. Manch lachendes Gesicht oder auch als Anthony plötzlich in der Nacht auf meiner Brust saß. Das alles kann mir kein Lottogewinn und auch kein Nobelpreis für Literatur kaufen.
—
Das stimmt allerdings: Es gibt Dinge im Leben, die nicht für alles Geld der Welt zu kaufen sind.
Es ist nicht immer leicht man selbst zu sein, umso schöner finde ich deine Ansicht, dich so anzunehmen, wie du bist. Das bringt mich zu einer etwas privateren Frage:
Hast du auch die Fähigkeit, die anderen Menschen in deiner Umgebung so anzunehmen wie sie sind oder bist du eher ein „Weltverbesserer“?
—
Die Welt verbessern? Ich bin froh, wenn ich mein Leben auf die Reihe kriege. Andererseits, Du hast ja Anthony gelesen, bin ich das dann doch. Denn auch wenn es seine Geschichte ist, so kann ich mich beim Erzählen nicht unsichtbar machen. Nehme Stellung zu gewissen Sachverhalten, auch wenn es eher leise geschieht. (Vielleicht hätte hier auch das Wort subtil gepasst. Leider hat es immer auch den Ruch der Manipulation. Und die liegt mir wahrlich fern.)
Das zu tun ist meiner Meinung nach aber nicht verwerflich. Jedem Autor, der das Schreiben als seine Aufgabe in diesem Leben sieht, ist das nicht nur erlaubt, sondern es ist ihm eben ein Teil dieser Aufgabe. Neben der, dem Leser vergnügliche Stunden zu schenken. Wer aber nur das macht und das Geld sieht oder seinen persönlichen Wert damit steigern möchte, der hat die Pflicht, die sich mit dieser Arbeit verbindet, nicht begriffen. Denn schreiben ohne Moral, das ist wie ein Leben ohne Liebe. Oder um es mit Loriot zu sagen: ein Leben ohne Mops ist möglich, aber sinnlos.
Ansonsten nehme ich erst einmal jeden so, wie er ist. Ich hatte noch nie großen Respekt vor Titeln oder ähnlichen Orden. Was mir in der Jugend so manch Problem bereitet hat. Sollte er oder sie sich im Verlauf dann aber als doppelter Dummkopf erweisen, erlaube ich mir, das auch so zu benennen. Zumeist aber gehe ich nur. So viel Zeit habe ich nicht, um sie damit zu vergeuden. Ich sehe das Schlechte, es hindert mich aber nicht mehr daran, das Gute zu finden.
—
Generell sollte man sein Leben ja nicht mit Dingen oder Menschen vergeuden, die einem nicht gut tun. Das Leben ist zu kurz.
Ich würde dir gerne noch ein paar persönliche Fragen stellen: Magst du lieber Partys, tanzen und mit Freunden ausgehen oder magst du es lieber ruhiger und für dich?
—
Das geht schnell. Das mit den Partys habe ich bereits hinter mir. Vielleicht war es auch nur eine ganz lange, über viele Jahre hinweg. Jetzt bin ich für das Ruhige. Auch aus gesundheitlichen Gründen. (Träume von meinem kleinen Schloss an den Klippen, wo ich den müden Blick über das Meer gleiten lassen kann.) Was nicht heißt, dass ich nicht gern Freunde treffe. Doch auch da bevorzuge ich da 4-Augen Gespräch, weil nur da sind wir alle am ehrlichsten. Was man dem einen verrät, würde man dem anderen so nie sagen.
—
Das stimmt, und so ein 4-Augen Gespräch empfinde ich auch als sehr viel entspannter. Wo und wie entspannst du dich am liebsten?
—
Danke, das Wort: entspannter, trifft es. Bei drei Leuten muss man die Sätze oft schon kontrollieren. Das erschöpft mich.
Ansonsten entspanne ich in vielerlei Hinsicht. Einfach nur daliegen und Musik hören. Spazierengehen durch den Park. Gerne auch bei Regen. Spazierengehen und Musik hören. Oder aber auch, mich mit dem Fahrrad auf meiner Hausstrecke die erste Hälfte auspowern und dann den Rückweg nach Hause tritscheln. Meist Musik hörender Weise. Oder ins Museum gehen. Und und und. Im Entspannen bin ich nämlich ziemlich gut. Habe ich mir aber auch verdient. Das Leben und die Menschen darin so zu sehen wie ich ist nämlich ziemlich anstrengend. Und war es von Anfang an.
—
Wie ungewöhnlich, im Regen zu spazieren. Die meisten flüchten lieber ins Trockene. Was bedeutet dir Familie?
—
Nun, da möchte ich mit einem kleinen Absatz aus Anthony antworten: „Und auch die vier Stockwerke waren schnell geschafft, denn wie ein Gummiball sprang er die Stufen hinab. Er freute sich, auch wenn die Walkers nicht das waren, was er Freunde nannte oder wie er sich gar Eltern vorstellte; wenn er sich denn andere hätte wünschen können als die, die er seine eigenen nannte. Für beides waren sie zu alt. So um die fünfzig. Im Großen und Ganzen gesehen waren sie aber recht nett. Immerhin schlugen sie ihn nicht, oder noch Schlimmeres. Und in der Welt, wie er sie kannte, war das ja auch schon etwas wert.“ Familie kann man sich nicht aussuchen, Freunde schon. Wenn die Familie dein Freund ist, dann ist alles gut.
—
Das ist ein wunderschönes Zitat, an das ich mich noch sehr gut erinnere. Familie kann man sich nicht aussuchen, aber man muss sie nicht lieben. Welche Farbe ist deine Lieblingsfarbe?
—
Kurz und knapp: Irgendetwas zwischen grün und blau. Aber mehr zum Grün hin tendierend.
—
Dein Lieblingsessen?
—
Fischstäbchen
—
Dein Lieblingstier und das Tier, mit welchem du dich am wenigsten anfreunden kannst?
—
Ach, diese letzten Fragen sind für mich eigentlich alle so nicht zu beantworten. Zum Beispiel die Farben. Es gibt so viele von ihnen und meist entwickeln sie ja erst in Kombination ihre ganze Pracht. Als verhinderter Maler liebe ich sie alle. Und viel wichtiger ist ja oft, für was sie stehen. Blaue Orangen? Ich täte mich schwer. Eine grüne Sonne in einem gelben Himmel? Und oft ist das eine Rot dem anderen Rot so fern, als wären sie schwarz und weiß. Und dann mag ich ja auch Käsebrot. Oder manchmal einfach nur eine Breze. Auch Schokolade. Aber Schokolade zum Bier? Das ich allerdings noch nie mochte. Auch wenn ich viel davon getrunken habe. Oder die Reptilien. In der Tat tue ich mich mit ihnen schwer. Würde nie welche in meinem Haus halten wollen. Aber vor wem habe ich mehr Angst, vor dem Krokodil oder vor den Schlangen? Und die anderen mag ich doch alle. Manchmal wäre ich gern ein Rabe, würde durch die Luft tanzen. An anderen Tagen ein Albatros, suchte meine Ruhe über den Weiten des Meeres. Oder auch darunter als Blauwal. Manchmal möchte ich ein flinker Otter sein. Nur ein Löwe nicht. Es wäre mir zu warm in der Savanne.
—
Ok, das ist ziemlich einleuchtend, dass du dich nicht so gerne festlegen möchtest.
Aber eine letzte Frage hätte ich trotzdem noch in dieser Richtung: Hast du einen absoluten Lieblingssatz in deinen Büchern?
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Da kitzelst Du den Schriftsteller an der richtigen Stelle. An der Eitelkeit ob seiner Kunst, die Wörter zu jonglieren. Denn in der Tat, auch ich habe ein paar hübsche Kaskaden geworfen. Glaube aber, es ist besser, wenn jemand wie Du die schönsten davon aussucht. Alles andere wäre dümmliche Nabelpolitur. Nur einen kleinen Absatz aus dem zweiten Band möchte ich zum Besten geben. Nicht wegen seiner literarischen Güte, sondern weil er irgendwie für Anthony steht wie kein zweiter: „Und irgendwie fühlte sich Anthony wohl bei dieser, seiner Meinung nach, nötigen Richtigstellung. Denn er wollte in der Tat keine Galaxien retten und erst recht keine Könige vernichten. Ob böse oder nicht, das war ihm dabei völlig gleich. Er wollte nur ein paar Freunde in seinem Leben gewinnen, mehr nicht.“
Natürlich ist es auch für mich ein Genuss, wenn ich einen philosophischen Gedanken oder auch wenig von der Moral gut verpacke, bin ich doch selbst beim Lesen von anderen Büchern ein Rosinenpicker, der eben ohne diese Rosinen die Seiten schon bald enttäuscht zuschlägt. Auch eine lustige, neue Metapher erfreut mich. Sieht doch niemand mehr bei: Es schüttet wie aus Kübeln, tatsächlich jemand in den Wolken stehen, der diese Arbeit vollbringt. (Mein Lieblingsbeispiel.) Man liest drüber weg, weil man durch den häufigen Gebrauch nur noch die Bedeutung sieht. Wichtiger aber ist mir, ein ganzes Kapitel auf den Punkt zu schreiben. Sodass ich das Gefühl habe: Wow! Wie im ersten Band, als Anthony zum ersten Mal auf Robotanien erwacht. Oder im dritten, wenn Anthony und Mathilda zum ersten Mal miteinander streiten. Oder im vierten, als der Körperspringer sich zu erkennen gibt. Und und und. Das verzeiht die Kapitel, die dann eher nur zum Drüberlesen sind. Die auch ich habe. Wenngleich ich denke, dass die anderen die Oberhand behalten. (Auch wieder so ein Bild. Man benutzt es, aber wer sieht dabei tatsächlich eine Hand?)
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In der Tat, viele Bilder verlieren ihren tatsächlichen Sinn, weil es nur noch einen übertragenen gibt. Wir sollten tatsächlich wieder öfter über unsere Redewendungen nachdenken! Francis, ich danke dir ganz herzlich, dass du dir Zeit und Geduld genommen hast, dich meinen Fragen zu stellen. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht!
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Liebe Kata, ich denke, dass es eher an mir ist, mich zu bedanken. Dass Du mir den Raum schenkst, mich und Anthony Deiner Welt vorzustellen. Zuerst dachte ich ja, ich könne das nicht. Aber Du hat es mir einfach gemacht, dass es mir oft war wie ein Gespräch unter 4-Augen. Ein Gespräch unter Freunden. Danke! Francis
Aber natürlich auch herzliche Grüße von den anderen: Anthony, Sims, Ramshin, Broms, Mathilda und Glomp. Und, nicht zu vergessen, dem Baum!